NGSE in Mexiko von Mia Fischer
Als ich 2019 aus Brasilien von meinem RYE wieder nach Hause kam, war ich Feuer und Flamme die Welt zu erkunden. Am liebsten hätte ich meine noch gepackten Koffer genommen und eine Weltreise gestartet, doch gleichzeitig wollte ich auch unbedingt mit meinem Studium anfangen. Ich hatte bereits den Entschluss gefasst, Humanmedizin zu studieren und wollte vor dem Studium noch mindestens zwei der drei Monate Pflegepraktikum absolvieren. Auch war mir bekannt, dass Auslandssemester gerade während der ersten Jahre des Medizinstudiums leider schwer zu realisieren sind. Das erste Mal, dass ich vom NGSE-Programm hörte, war bei einem Rotex Roundtable, als eine befreundete Rotexerin mich auf die Idee brachte, einen Teil des Pflegepraktikums über das Austauschprogramm zu machen. Nach einer kurzen Recherche und zwei Gesprächen mit meinem Sponsor-Club stand auch schon fest: Ich gehe nach Mexiko und werde dort in einem Krankenhaus arbeiten. Ich hatte ursprünglich keinen konkreten Länderwunsch, wollte aber gerne in ein spanisch-sprachiges Land, um neben Portugiesisch noch Spanisch zu lernen. Da ich bei meinem Youth Exchange mehrere Mexikaner*innen im Distrikt hatte, interessierte ich mich zunehmend für die mexikanische Kultur und setzte Mexiko deswegen auf Platz eins. Dementsprechend glücklich war ich dann auch als ich erfuhr, dass alles nach Plan liefe und ich meinen dreimonatigen Austausch dort verbringen dürfe. Zwei Monate vor dem Austausch wurde mir mitgeteilt, dass meine Gastfamilie in Villahermosa im Staat Tabasco lebte und mein Gastvater selber Arzt war und in dem gleichen Krankenhaus arbeitete, in dem ich mein Praktikum machen sollte.
Anfang Januar 2020 war es dann endlich so weit, von München aus flog ich nach Frankfurt und anschließend weiter nach Mexiko Stadt. Meine Gastfamilie schlug mir vor, noch ein paar Tage in Mexiko Stadt zu verbringen um auch die Hauptstadt kennenzulernen. Die ersten Tage des Austauschs blieb ich deswegen bei einer mexikanischen Freundin, die ich in Brasilien kennengelernt hatte, bevor ich dann weiter nach Villahermosa flog. Angekommen in Tabasco, holte mich mein Gastbruder Luis vom Flughafen ab. In meiner Gastfamilie hatte ich insgesamt drei Gastbrüder. Luis war der Jüngste und war auch mein Austauschpartner. Er wollte im Anschluss an meinen Austausch drei Monate bei meiner Familie in Deutschland bleiben, was ihm aufgrund der Pandemie letztendlich leider nicht möglich war. Zu meinem Gastvater hatte ich ein sehr gutes Verhältnis. Er selbst arbeitete in zwei verschiedenen Kliniken, vormittags in einem privaten und nachmittags in einem staatlichen Krankenhaus. Ins Zweite nahm er mich dann immer mit. Die ersten paar Wochen im Krankenhaus waren sehr erlebnisreich. Zu Beginn musste ich gleich die Erfahrung machen, dass sich portugiesisch und spanisch doch nicht so ähnlich sind und mein Duolingo-Spanisch leider nicht für den schnellen Krankenhausalltag ausreichte. Bald konnte ich aber die Basic-Vokabeln, die ausreichten um Ärzte*innen und Pflegenden Dinge zu bringen. Ich fand vor allem unter den angehenden Ärzte*innen, die ihr praktisches Jahr in der Klinik absolvierten schnell Freund*innen und wurde überall mit hingenommen. Auf Visite, ins Labor und auf die Intensivstation. Mein Highlight war als mir gleich in der zweiten Woche gezeigt wurde wie man einfache Schnittwunden näht und ich anschließend selber bei einer Patientin Stiche setzen durfte. Allgemein fiel mir auf, dass die pflegerische Tätigkeit in einem öffentlichen Krankenhaus in Mexiko aus ganz anderen Aufgaben bestand als die in Deutschland. Da die Klinik so überlastet war, war die Körperpflege beispielsweise komplett Aufgabe der Patient*innen und ihrer Angehörigen. Krankenpfleger*innen waren vor allem zuständig für die Medikation und Unterstützung der Ärzte*innen. Schnell wurden meine Tätigkeiten zur Routine und ich wusste, wie ich mich nützlich machen konnte.
Meine Praktikumszeiten waren sehr flexibel. Nebenbei reiste ich also wann immer möglich durchs Land um Freunde, die ich durch meinen letzten Austausch kannte zu besuchen und um Mexiko zu erkunden. Das Land selbst hat mich von der ersten Sekunde an fasziniert. Von der Azteken-, und Mayakultur, über das karibische Meer, bis hin zu Vulkanen mit Schnee findet man in Mexiko wirklich alles. Zudem liegt Mexiko bei der Vielfalt an Ökosystemen weltweit an zweiter Stelle.
Allgemein vergingen die drei Monate wie im Flug. Meine größten Herausforderungen während des Austausches waren wider Erwarten nicht die Tätigkeiten in der Klinik. Sondern einerseits war es schwierig zu akzeptieren, dass mir wegen der traditionellen Vorstellungen meiner Gastfamilie vieles verboten wurde, allein aufgrund der Tatsache dass ich eine Frau bin. Andererseits war es im März mit dem sich ausbreitenden Coronavirus schwer wieder nach Hause zu kommen. Doch auch dies geling mir letztendlich mit der Hilfe von Rotary.
Rückblickend bin ich sehr dankbar für den NGSE. Die Einblicke in ein ganz anderes Gesundheitssystem haben mich in meiner Berufswahl nur bestätigt und die Zeit, die ich im einzigartigen Land Mexiko verbringen durfte, wird für immer unvergesslich bleiben.