Ein NGSE in den USA mit und trotz Corona
Mein NGSE-Praktikum in Virginia, USA, von Ende Februar bis Ende März 2020 war in doppelter Hinsicht ungewöhnlich. Zum einen, da ich den Kontakt zu meinem Aufnahmeclub in den USA während der Rotary International Convention 2019 selbst knüpfte. Bis dato hatten leider keine NGSE-Partnerschaft meines Distrikts 1841 zu den USA existiert– umso mehr freute es mich, dass sowohl mein Koordinator als auch mein Heimatclub in Deutschland einverstanden waren, einen ersten NGSE-Praktikumsaustausch mit dem Club in Richmond einzugehen. Das war also schon einmal die erste Lehre, die ich ziehen konnte – nie verzagen, sondern selbst die Gelegenheit beim Schopfe packen!
Für junge Menschen, die noch nicht genau oder schon sehr wohl wissen, wo es beruflich hingehen soll, die Auslandserfahrung sammeln möchten und sich nicht ganz ohne Kontakte im Ausland wiederfinden möchten, ist ein NGSE Individual Exchange perfekt. Je konkreter man seine beruflichen Vorstellungen und eigenen Fähigkeiten formulieren kann, desto einfacher ist natürlich die Koordination und Planung für den vermittelnden Gastclub. So lassen sich im Nachhinein etwaige Enttäuschungen vorbeugen, dass die Erwartungen nicht erfüllt wurden. Außerdem ist es unabdingbar, die Sprache des Gastlandes zumindest auf Konversationsniveau zu beherrschen – Dein Praktikum wird nämlich nur so gut, wie erfolgreich Du mit Deinem geschäftlichen Umfeld interagieren kannst. Ich durfte tolle Erfahrungen in einer Personalberatungsfirma machen – da One Digital Health and Benefits sehr unterschiedlich strukturierte Unternehmen berät, erlangte ich Einblicke in börsennotierte Finanzdienstleister bis hin zum über Generationen hinweg geführten Familienunternehmen. Bei diesen teilweise stark variierenden Unternehmenskulturen galt es ebenso vielfältige Lösungen zu finden, wodurch ich viel lernen konnte.
Außerhalb der Praktikumserfahrung war ich positiv überrascht, wie gut ich in das rotarische und rotaractische Clubleben integriert wurde. Ein paar Clubmeetings, Stadtbesichtigungen, Wine Tastings, Museumsausflüge, Bar- und Clubabende konnte ich mitnehmen; vieles mehr blieb leider unerfüllt. Aufgrund der sich auch in den USA langsam ausbreitenden Pandemie wurden sämtliche Events abgesagt. Schnell entschied ich mich, nur noch im Home Office bei meiner Gastfamilie zu arbeiten, was natürlich begrenzt möglich war.
Wo wir beim zweiten ungewöhnlichen Punkt meiner Praktikumserfahrung angelangt sind: Als ersichtlich wurde, dass entgegen meiner größten Hoffnungen die Normalität leider nicht in ein paar Wochen zurückkehren würde und Fluglinien sowohl ihre Inlands- als auch Interkontinentalflüge drastisch zu reduzieren begannen, beschloss ich, den nächstmöglichen Flug in meine erste Heimat, Deutschland, zu buchen. Was sich im Nachhinein als weise Entscheidung herausstellen sollte. Meine Gasteltern schmerzte das mindestens genauso wie mich, aber wir machten das Beste daraus: Wir feierten einfach Thanksgiving, Christmas und Bavarian Octoberfest an drei Tagen hintereinander und fuhren auf das schöne Landhaus, wo sie Austern züchten.
Ich bin den Rotariern in den USA zutiefst für ihre tolle Unterstützung und ihr außerordentliches Krisenmanagement dankbar. Ich wusste zu jedem Zeitpunkt, ich bin nicht allein – Sogar heute noch, wenn ich physisch allein in meinem Studentenzimmer sitze und immer noch an den wöchentlichen Zoommeetings (wenigstens hierfür ein Danke an Corona!) teilnehme oder mit meinen Gasteltern Pläne schmiede, wann wir denn das nächste Mal mit ihrem Boot über den Fluss düsen. – Im besten Falle, wenn ich meinen NGSE eventuell fortsetzen kann. Doch das bleibt noch ein Fragezeichen.